Startseite Onlineshop-Entwicklung Verpflichtende Barrierefreiheit ab 2025: Was sie wissen müssen

Verpflichtende Barrierefreiheit ab 2025: Was sie wissen müssen

von Tobias Ohst
Tastatur mit grüner Taste für Barrierefreiheit

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) markiert einen bedeutenden Schritt auf dem Weg zu einer inklusiveren Gesellschaft in Deutschland. Im Juli 2021 wurde mit dem BFSG der European Accessibility Act (EAA) ins nationale Recht überführt und die Verordnung wurde im Juni 2022 verabschiedet. Diese Regelungen legen fest, dass Produkte und Dienstleistungen ab dem 28. Juni 2025 bestimmten Barrierefreiheitsanforderungen entsprechen müssen. Von Online-Handel über Bankdienstleistungen bis hin zu Selbstbedienungsterminals im öffentlichen Raum – das BFSG betrifft ein breites Spektrum an Bereichen und hat damit weitreichende Auswirkungen.

Wen betrifft das BFSG und welche Anforderungen gelten?

Das BFSG gilt für Hersteller, Händler, Importeure und Dienstleister, die Produkte und Dienstleistungen für Verbraucher*innen anbieten. Besonders betroffen sind Anbieter folgender Produkte:

  1. Hardwaresysteme und Betriebssysteme – Alle Endgeräte und Betriebssysteme, die in Deutschland angeboten werden, müssen künftig barrierefrei gestaltet sein, sodass Menschen mit verschiedenen Einschränkungen sie nutzen können.
  2. Selbstbedienungsterminals – Das Gesetz umfasst Selbstbedienungsterminals wie Zahlungsterminals, Geldautomaten, Fahrausweisautomaten und Check-in-Automaten. Diese müssen für alle Nutzer*innen zugänglich sein, was besonders im öffentlichen Raum von großer Bedeutung ist.
  3. Verbraucherendgeräte für Telekommunikations- und Mediendienste – Geräte wie Smartphones, Tablets und andere Endgeräte müssen Funktionen und Bedienungshilfen enthalten, die den Zugang für Menschen mit Behinderungen ermöglichen.
  4. E-Book-Lesegeräte und entsprechende Software – E-Books und die dafür nötige Software müssen ebenfalls barrierefrei sein, sodass Menschen mit Sehbehinderungen oder anderen Einschränkungen sie problemlos nutzen können.

Auch Dienstleistungen unterliegen dem BFSG und müssen künftig barrierefrei gestaltet sein. Dies umfasst unter anderem:

  • Telekommunikationsdienste – Anbieter von Mobil – und Internetdiensten sind verpflichtet, ihre Produkte so anzupassen, dass sie für Menschen mit Einschränkungen zugänglich sind.
  • Personenbeförderungsdienste – Die Barrierefreiheitsanforderungen gelten für die Webseiten, Apps, Ticketsysteme und Verkehrsinformationssysteme im öffentlichen Nah- und Fernverkehr.
  • Bankdienstleistungen für Verbraucher*innen – Bankdienstleistungen, sowohl online als auch an physischen Terminals, müssen für alle Nutzer*innen, unabhängig von körperlichen Einschränkungen, zugänglich sein.
  • Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr – Online-Shops und E-Commerce-Plattformen müssen barrierefrei gestaltet sein, um alle potenziellen Kund*innen einen Zugang zu ermöglichen.
Vielseitige Gruppe junger Programmierer posiert gemeinsam im Büro, hält Geräte in der Hand und lächelt in die Kamera.

Welche Ausnahmen gibt es?

Unternehmen sind nicht verpflichtet, die Barrierefreiheitsanforderungen zu erfüllen, wenn deren Einhaltung zu einer grundlegenden Veränderung des Produkts oder einer unverhältnismäßigen Belastung führen würde. Eine solche unverhältnismäßige Belastung liegt beispielsweise vor, wenn die Umsetzung der Barrierefreiheitsanforderungen eine zusätzliche, erhebliche organisatorische oder finanzielle Belastung für das Unternehmen darstellt. Das Gesetz benennt spezifische Kriterien zur Bewertung dieser Belastungen.

Beruft sich ein Unternehmen auf einen der beiden Ausnahmegründe, ist es verpflichtet, unverzüglich die zuständige Marktüberwachungsbehörde sowie die entsprechenden Marktüberwachungsbehörden in den EU-Mitgliedstaaten zu informieren, in denen das Produkt oder die Dienstleistung angeboten wird. Die Einschätzung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, trifft das Unternehmen zunächst selbst und muss diese Beurteilung dokumentieren und für mindestens fünf Jahre aufbewahren.

Kleinstunternehmen sind von diesen Meldepflichten befreit. Werden sie jedoch von der Marktüberwachungsbehörde dazu aufgefordert, müssen sie die wesentlichen Informationen und Fakten, die ihrer Beurteilung zugrunde liegen, bereitstellen.

Pflichten für Webseiten-Betreiber gemäß dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)

Websites mit Dienstleistungen müssen barrierefrei sein und gemäß der EN 301 549 u. a. eine „Erklärung zur Barrierefreiheit“ bereitstellen, inklusive Kontaktmöglichkeiten zur Meldung von Barrieren. Die „Checkliste Digitale Barrierefreiheit“ von Aktion Mensch bietet dabei Unterstützung.

Wenn Sie weitere Fragen zum Thema Barrierefreiheit haben, helfen wir Ihnen gerne. Jetzt Kontakt aufnehmen

Wann sind Produkte oder Dienstleistungen barrierefrei?

Nach dem BFSG gelten Produkte oder Dienstleistungen als barrierefrei, wenn sie von Menschen mit Einschränkungen auf übliche Weise, ohne zusätzliche Erschwernisse und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar und nutzbar sind. Genauere Informationen dazu sind in der Barrierefreiheitsstärkungsverordnung (BFSGV) festgehalten. Diese Verordnung umfasst allgemeine Vorgaben, darunter Anforderungen an Verpackungen, Anleitungen sowie an Schnittstellen und Funktionalitäten der Produkte. Zudem werden spezifische Anforderungen für bestimmte Produkt- und Dienstleistungskategorien beschrieben.

Grundsätzlich muss eine Wahrnehmung der Informationen immer über mindestens zwei Sinne möglich sein – etwa indem schriftliche Informationen vorgelesen werden.

Richterhammer auf schwarzem Hintergrund

Wie wird die Einhaltung sichergestellt?

Produkte und Dienstleistungen können sowohl mit als auch ohne Anlass von Marktüberwachungsbehörden überprüft werden und bei Nichtkonformität kann zu Korrekturmaßnahmen aufgefordert werden. Wenn diese Maßnahmen nicht umgesetzt werden, können Produkte zurückgerufen und Dienstleistungen eingestellt werden.

Welche Folgen können Nichteinhaltung haben?

Verbraucherinnen sowie anerkannte Verbände und Organisationen können bei Verstößen die Marktüberwachungsbehörde einschalten. Diese kann Produktrückrufe, die Einstellung der Dienstleistungen oder Bußgelder von bis zu 100.000 Euro verhängen. Das BFSG ermöglicht darüber hinaus sowohl Klagen einzelner Verbraucherinnen als auch Verbandsklagen. Ebenso kann durch Wettbewerber eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung erfolgen, die Unterlassungs– oder Schadensersatzansprüche nach sich ziehen kann.

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